Spitzenlexikon


Definition

Spitze ist ein flächiger textiler Gegenstand in Form eines Ornaments, dessen Wirkung auf dem Durchscheinen des Hintergrundes durch die sich zwischen den Musterformen befindenden Leerstellen beruht.”
aus: Schöner, Friedrich: Spitzen Enzyklopädie der Spitzentechniken, Leipzig, 1980, S. 15

Wir arbeiten am Aufbau eines kleinen Spitzenlexikons. Es ist noch recht klein – wir freuen uns, wenn Sie sich aktiv am Aufbau beteiligen!
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Inhaltsverzeichnis

1. Klöppelspitze
2. Schiffchenspitze
3. Nadelspitze
4. Filetspitze
5. Häkelspitze
5.1 Irische Häkelspitze
6. Strickspitze
7. Makramee
7.1 Margaretenspitze
8. Gestickte Spitze
9. Bändchenspitze

In unserem fächerförmigen Logo sind die Spitzenarten abgebildet; wir erklären ihre Herstellungsweise im untenstehenden Text von links nach rechts. Die abgebildeten Fächerstäbe zeigen die zur Herstellung benötigten typischen Werkzeuge.

Spitzenarten:

1.

Klöppelspitze

Die einfachste Klöppelspitze wird mit 4 Klöppeln, auf denen je ein Faden gewickelt ist, hergestellt. Dabei werden die Arbeitsbewegungen „drehen“ und „kreuzen“ mit je zwei Klöppeln ausgeführt. Durch die Kombination dieser Arbeitsbewegungen über mehrere Klöppelpaare entstehen unterschiedliche Muster.

In fast allen Klöppelspitzen werden Stecknadeln unter einzelne Arbeitsschritte gesteckt, um das Verziehen der fertigen Spitze zu verhindern. Besonders kostbare und breite Klöppelspitzen können mit über 1000 Klöppeln gearbeitet werden; von diesen stellt eine Spitzenmacherin nicht mehr als 25 mm am Tag her.

Die Gruppe der Klöppelspitzen unterscheidet man nach Arbeitsweise, Material oder verwendetem Grund.

Die frühesten werden auf Ende 16./Anfang 17. Jahrhundert datiert und stammen aus Italien.

(Claudia Schuster)

Klöppelspitzen aus der Sammlung der Deutsche Spitzengilde e.V.
Inventarnummern 29, 37, 55

Klöppelspitze Klöppelspitze Klöppelspitze

2.

Schiffchenspitze

Schiffchenspitze, in Deutschland auch Occhi genannt, ist eine Knüpfarbeit, bei deren Herstellung der Arbeitsfaden in einem kleinen Gehäuse, dem Schiffchen, liegt. Von diesem ausgehend, wird er als Trägerfaden um eine Hand gelegt. Weiterer Faden vom Schiffchen wird um den Trägerfaden zu Knoten aufgereiht. Anschließend wird der Trägerfaden zu einem Ring zusammengezogen, was der Spitze ein typisches Aussehen und ihren italienischen Namen Occhi (Augen) verleiht.

Die ersten Schiffchen-Spitzen stammen aus dem 18. Jahrhundert.

(Claudia Schuster)

Schiffchenspitzen aus der Sammlung der Deutsche Spitzengilde e.V.
Inventarnummern 69, 101, 573

Schiffchenspitze Schiffchenspitze Schiffchenspitze

3.

Nadelspitze

Die Technik der Nadelspitze wird mit einer Nähnadel und nur einem Arbeitsfaden auf einer provisorischen Unterlage ausgeführt. So entsteht ein eigenständiges Spitzenstück, das ohne Gewebe als Grundlage auskommt.

Schlingstichreihen werden entweder von einem Stoffende aus oder über einen vorgespannten Faden oder über ein bereits gearbeitetes Muster gearbeitet. Unterschiedliche Musterungen und Texturen können z.B. durch Überspringen von Stichen, Spannen von weiteren Fadenstrecken oder straffes und lockeres Anziehen erreicht werden. Die Herstellung von Nadelspitze ist sehr aufwändig. Sie besteht aus den Arbeitsschritten: Herstellen der Unterlage, Vorstechen des Musters, Vornähen des Musters, Ausführen der Schlingsticharbeit, Zusammenfügen der fertigen Spitzenteile, Ablösen der Spitze von der Unterlage, Kontrolle und evtl. Vervollständigen der Spitze.

Je nach Design und Herstellungsart unterscheidet man sehr viele verschiedene Nadelspitzen.

Die frühesten werden auf Ende 16./Anfang 17. Jahrhundert datiert und stammen aus Italien.

(Claudia Schuster)

Nadelspitzen aus der Sammlung der Deutsche Spitzengilde e.V.
Inventarnummern 56, 400, 563

Nadelspitze Nadelspitze Nadelspitze

4.

Filetspitze

Bei der Filetspitze handelt es sich um eine Kombinationsspitze, die sich aus dem Knüpfen des Netzes und dem Einflechten eines Fadens für den Fülleffekt, häufig als „Einstopfen“ bezeichnet, zusammensetzt.

Die  Filetnadel dient der Herstellung von manuellen Netzen, es gibt aber auch maschinell geknüpfte Netze. Um die dekorativen Füllungen einzuarbeiten, muss das Netz gespannt werden. Beide Arbeitsprozesse laufen grundsätzlich nacheinander ab.

Filetspitze entwickelte sich parallel zur Nadel- und Klöppelspitze.

(Claudia Schuster)

Filetspitzen aus der Sammlung der Deutsche Spitzengilde e.V.
Inventarnummern 14, 100

Filetspitze Filetspitze

5.

Häkelspitze

Das Häkeln gehört zu den maschenbildenden Techniken.

Der Begriff bedeutet „mit Haken fassen“ und beschreibt die Arbeitsweise. Mit Hilfe einer Häkelnadel wird der Arbeitsfaden fortlaufend gefasst und in sich verschlungen; dabei bleibt immer mindestens eine Schlinge auf der Häkelnadel. Die Häkelnadel sticht durch eine vorhandene Masche, holt beliebig oft neuen Faden, legt ihn auf der Nadel ab und zieht ihn abschließend durch alle auf der Nadel liegenden Fäden Der Arbeitsvorgang des Häkelns ist so komplex, dass er nicht von einer Maschine imitiert werden kann; auch die Häkelspitze wird in unterschiedliche Untergruppen eingeteilt.

Man datiert die Entstehungszeit des Häkelns auf Ende 17./Anfang 18. Jahrhundert.

(Claudia Schuster)

Häkelspitzen aus der Sammlung der Deutsche Spitzengilde e.V.
Inventarnummern 40, 145, 517

Häkelspitze Häkelspitze Häkelspitze

6.

Strickspitze

Das Stricken gehört zu den maschenbildenden Techniken.

Nach dem Anschlagen einer beliebigen Anzahl Maschen auf einer Stricknadel werden diese in durchgehenden Maschenreihen auf eine weitere Stricknadel abgestrickt. Dabei unterscheidet man rechte und linke Maschen und weitere Arbeitsabfolgen, wie z.B. zunehmen, abnehmen, verkreuzen, u.a. Ein abschließendes Abketten der Arbeit ist notwendig, um die Auflösung des Gestrickten zu verhindern. Durch unterschiedliche Kombinationen der Arbeitsabfolgen entstehen unterschiedliche Muster.

Das Stricken deckt ein breites Spektrum unterschiedlicher Objekte von wärmender Bekleidung und spitzenähnlichen Tüchern und Stolen bis zu Heimtextilien ab.

Stricken verbreitete sich im 13. Jahrhundert von Spanien aus.

(Claudia Schuster)

Strickspitzen aus der Sammlung der Deutsche Spitzengilde e.V.
Inventarnummern 232, 241, 303

Strickspitze Strickspitze Strickspitze

7.

Makramee

Makramee ist eine reine Knüpfspitze; sie entstand wahrscheinlich aus der Notwendigkeit lose Kettfäden an einem Webstück zu sichern.

Mindestens ein Arbeitsfaden umschlingt einen oder mehrere senkrecht laufende Trägerfäden. Die Arbeit ist ohne Werkzeug ausführbar, die Spule kommt nur bei sehr langen Fäden zum Einsatz.

Der halbe Schlag und der halbe Knoten sind die beiden Grundelemente, die untereinander kombinierbar und rechts- und linksseitig ausführbar sind. Musterungen entstehen durch unterschiedliche Kombination der Grundknoten.

Makramee entstand im Orient; es gelangte im 12. Jahrhundert mit den Mauren und Kreuzrittern nach Europa.

(Claudia Schuster)

Makrameespitzen aus der Sammlung der Deutsche Spitzengilde e.V.
Inventarnummern 107, 111 a, 126

Makrameespitze Makrameespitze Makrameespitze

8.

Gestickte Spitze

Durchbrucharbeiten und Doppeldurcharbeiten zählen nicht zu den Spitzen, sind aber die unmittelbaren Vorläufer der Nadelspitze. Aus dem wertvollen, handgewebten Leinen wurden erst Fäden herausgezogen und dann mit Nadel und Faden Muster eingewebt. Die Spitzen wurden immer breiter, so dass bald kein Stoff mehr zu erkennen war (Reticella).
Die Dresdner Stickerei (Point de Dresde oder Point de Saxe), die auf zartem, durchsichtigem Baumwollbatist mit vielfältigen Ajourstichen gearbeitet wird, ist die einzige gestickte Spitze, die zu den Spitzen gezählt wird.

(Karin Müller)

Gestickte Spitzen aus der Sammlung der Deutsche Spitzengilde e.V.
Inventarnummern 112, 150, 397

Gestickte Spitze Gestickte Spitze Gestickte Spitze

Weitere Spitzenarten

Im Folgenden erhalten Sie eine Beschreibung von weiteren Spitzenarten, die sich zum Teil aus den dargestellten Spitzenarten entwickelt haben.

9.

Bändchenspitze

Die Bändchenspitze besteht aus vorgefertigten Bändchen, die gewebt, geklöppelt oder geflochten sein können, als einfaches Leinenbändchen oder leicht gemustert. Mit einfachen Stichen werden die Bändchen auf eine Mustervorlage geheftet, dabei Kurven und Ecken mit kleinen Saumstichen, die nicht durch die Vorlage gehen, festgehalten. Im nächsten Arbeitsgang werden die Bändchen mit Stichen aus der Nadelspitze aneinandergestickt und größere Freiräume mit Zierstichen gefüllt. Ist die Spitze fertig, werden die Heftstiche wieder gelöst.

Im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts erfreute sich die Bändchenspitze großer Beliebtheit.

aus: Knoff, Erika: Klöppelspitzen Eine Zeitreise, Gammelby, Barbara Fay Verlag, 2007, S. 254

Bändchenspitzen aus der Sammlung der Deutsche Spitzengilde e.V.
Inventarnummern 58, 99, 178

Bändchenspitze Bändchenspitze Bändchenspitze

5. 1

Irische Häkelspitze

Die Irische Häkelei beruht auf venezianischen Spitzen, die Nonnen in den Klöstern Irlands etwa Mitte des 19. Jahrhunderts nachgeahmt und zu einem eigenen Stil weiterentwickelt haben.

(Gudrun Borck)

Irische Häkelspitzen aus der Sammlung der Deutsche Spitzengilde e.V.
Inventarnummern 79, 529, 629

Irische Häkelspitze Irische Häkelspitze Häkelspitze

7. 1

Margaretenspitze

Die Margaretenspitze ist eine Unterart der Makramee-Spitze.

Angefertigt wird die Margaretenspitze auf einer Knüpfunterlage, gut festgesteckt mit Stecknadeln und mit fest verarbeiteten Fäden. Es wird der Rippenknoten des Makramee verwendet, man kann flächenhaft, reliefartig und vollplastisch arbeiten. Durch Bündelung kann die Richtung geändert werden und strahlige Formen können in eine eigene Laufrichtung führen.
Die Namensgeberin dieser Spitzentechnik, Margarete Naumann (1881- 1946) stellte ihre neue Knüpftechnik – die Margaretenspitze – im September 1913 erstmals in Dresden vor.
An der Staatlichen Kunstschule für Textilindustrie Plauen lehrte sie unter anderem diese neue Technik, mit ihrer Idee hoffte sie, ein Tor aufzustoßen zu einer neuen Blüte der Textilkunst und Verdienstmöglichkeiten in der Heimindustrie.
1918 erhielt sie das Patent für ihre Margaretenspitze, als ein Verfahren zur Herstellung von Spitzen und spitzenähnlichen Erzeugnissen.
Musterstücke sind im Plauener Vogtlandmuseum, im Grassimuseum Leipzig und in Stuttgart zu finden. In der Motivwahl fallen Menschenfiguren in großer Vielfalt, in Borten, in Deckchen und auch vollplastisch ins Auge, aber auch Blätter, Blüten und geometrische Formen.
Viele Jahre nicht mehr bekannt, wurde die Margaretenspitze durch Frau Lotte Heinemann aus Peine, dem Vogtlandmuseum Plauen und der Schaustickerei wieder belebt und als Kurse angeboten.
Quelle: Margaretenspitze, Katalogreihe des Vogtlandmuseums Plauen, Heft III, 1995

Margaretenspitze aus der Sammlung der Deutsche Spitzengilde e.V.
Inventarnummern 1470, 1471, 1472